Die Extertalbahn Barntrup – Extertal-Bösingfeld – Rinteln ist die letzte elektrifizierte Kleinbahn Nordrhein-Westfalens und neben der Trossinger Eisenbahn auch die letzte ihrer Art in Deutschland. Ihr Bau begann 1924, ihre Betriebsaufnahme erfolgte in drei Etappen zwischen 1927 und 1929. Während die Personentriebwagen mit Einstellung des planmäßigen Personenverkehrs aus der Schiene im Jahre 1969 an Stern & Hafferl in Österreich verkauft wurden, sind die Gütertriebwagen 21 und 22 bis heute erhalten geblieben und sind somit die ältesten ununterbrochen im Regeldienst stehenden Elektrolokomotiven Deutschlands.
Der Verein Landeseisenbahn Lippe e.V. (Freundeskreis der Extertalbahn) wurde 1985 gegründet. Seit 1973 boten die Verkehrsbetriebe Extertal mit ihren Elektroloks und anfangs zwei Plattformwagen, die zeitweilig um einzelne Wagen des MKB-„Bierzuges“ aus Minden ergänzt wurden, erfolgreich Museumsbahnverkehr an. Um hier ein noch größeres Publikum anzusprechen, suchte man den Schulterschluss mit anfangs einer Handvoll Eisenbahnfreunden und dem erklärten Ziel, neben den beiden E-Loks auch eine Dampflok nach Lippe zu holen. Hieraus hat sich über die Jahre ein Verein mit rund 220 Mitgliedern entwickelt.
Anfang 1988 konnte mit der österreichischen 93.1410 die erste eigene Dampflok erworben werden, die im November 1989 erstmals unter eigenem Dampf die Extertalbahn befuhr. Der Wagenpark wurde anfangs bunt um verschiedene Waggons verstärkt; neben den modernisierten Plattformwagen badischer und württembergischer Bauart der VBE gab es ein B3yg-Pärchen, eine Donnerbüchse sowie zwei vierachsige Umbauwagen.
Die lippischen Heimattage 1990 in Lemgo brachten der ersten Einsatz auf einer DB-Strecke, nämlich der Verbindung von Barntrup nach Lemgo. In dieser Folge fanden noch zahlreiche weitere Fahrten bis Lemgo und darüber hinaus bis Lage [Lippe] statt. Diese Fahrten wurden zunehmend schwieriger und schließlich unmöglich, da die Deutsche Bundesbahn bzw. die DB Netz AG die Strecke immer weiter verwahrlosen ließen.
1999 sollte die Strecke stillgelegt werden, was für die Landeseisenbahn Lippe die Isolierung vom übrigen Schienennetz und damit ggf. eine Betriebseinstellung zur Folge gehabt hätte. Es gelang der VBE jedoch, die Strecke Barntrup – Lemgo zu erwerben. Der zuständige Zweckverband VVOWL beabsichtigt sogar wieder die Bestellung von SPNV zwischen Lemgo und Barntrup, wofür die Strecke umfassend modernisiert werden soll. Zur Zeit liegt dieser Streckenausbau allerdings auf Eis, da die Fördermittel des Landes wegen der Finanzlage zurückgezogen wurden.
Der Verein konnte aber in Eigenleistung nach einigen Jahren Vorbereitungszeit ab dem Jahr 2008 abschnittsweise die Strecke Barntrup – Lemgo wieder instand setzen und für den Museumsbetrieb nutzen. Zur Zeit wird die so genannte Begatalbahn zwischen Barntrup und Dörentrup planmäßig befahren. Der verbleibende Streckenast nach Lemgo befindet sich im Ausbau. Die Inbetriebnahme soll mittelfristig folgen, um die dauerhafte Anbindung der Landeseisenbahn Lippe an das DB-Schienennetz zu sichern.
Der Verein konnte in den vergangenen Jahren den Fahrzeugpark bereinigen und weiter ausbauen. Zahlreiche zweiachsige und für einen angemessenen Reisekomfort nicht mehr zeitgemäße Waggons sowie die 1992 angeschaffte Diesellok V91 (MaK 400C) wurden abgegeben. Im Jahre 1998 musste wegen Abnutzung des Langkessels die 93.1410 abgestellt werden, woraufhin sie als Dauerleihgabe nach Augsburg verbracht wurde. Seit 2000 wird sie durch die „Emil Mayrisch N.3“ vertreten, ein Nassdampf-D-Kuppler von Krupp. Nachfolger für die Donnerbüchse mit Thekeneinrichtung ist der ehemalige Mitropa-Speisewagen 1122. Für die regelmäßigen Wartungsarbeiten am Streckennetz und insbesondere an den Oberleitungsanlagen konnte der Verein im Jahr 2005 von der DB einen ausgemusterten Turmtriebwagen der Baureihe 701 übernehmen. Es folgte 2007 die Anschaffung eines weiteren vierachsigen Umbauwagens mit 1.-Klasse-Abteil zur Nutzung als Gesellschaftswagen. Zur Verstärkung des Lokomotiv-Fuhrparks konnte im Jahr 2009 außerdem die Diesellok V 2.004 (MaK 600D) aus Braunschweig in Form einer Dauerleihgabe bei der Landeseisenbahn eingestellt werden. Seit 2012 steht daneben ein vierachsiger Schnellzugpackwagen insbesondere für Sonderfahrten zur Verfügung.
Der aktuelle Fahrzeugbestand für den Reisezugverkehr ist nachfolgend aufgelistet.
Zur Zeit sorgen etwa 50 ausschließlich ehrenamtlich tätige Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen für den Erhalt von Fahrzeugen und Anlagen. Die Aufgaben sind vielseitig. Metall- und Holzarbeiten für Lokomotiven und Waggons fallen an, ebenso Elektro- und allgemeine Instandhaltungsarbeiten. Die Fahrzeuge müssen den Sicherheitsvorschriften entsprechend regelmäßig gewartet und für die Fahrgäste gereinigt werden. Die Strecke und die Bahnsteige müssen gepflegt werden. Betriebsmittelpunkt ist der Bahnhof Extertal-Bösingfeld mit der Werkstatt der VBE, die vom Verein mitgenutzt werden kann. Daneben existiert seit 2011 die Bahnmeisterei Farmbeck als Einsatzstelle für die Begatalbahn.
Viele Mitarbeiter sind als Lok- und Zugpersonal für den Museumszugbetrieb ausgebildet. Zur Zeit gehören eine Dampflok, eine Diesellok und fünf Reisezugwagen zum betriebsfähigen Bestand des Vereines, der diesen Zug als lippischen Heckeneilzug vermarktet. Die Fahrzeuge sind von den Eisenbahnbehörden geprüft und damit für den öffentlichen Personenverkehr in ganz Deutschland zugelassen, wovon seit einigen Jahren im Rahmen des Angebots von Tagesreisen auch erfolgreich Gebrauch gemacht wird. Mit dem Saisonauftakt an Ostern beginnt die Fahrsaison, die bis in den Oktober dauert. Regelmäßig befahrener Streckenabschnitt ist das Teilstück Extertal-Bösingfeld – Dörentrup. Auf dem nördlichen Abschnitt der Extertalbahn bis Rinteln-Süd ist eine Draisinenstrecke eingerichtet, die an den Betriebstagen in Bösingfeld mit dem Museumszug verknüpft wird. Der Heckeneilzug wird auch oft von Firmen oder Privatpersonen, zu Betriebsfeiern oder Ausflügen als Sonderzugfahrt gechartert. Nach Abschluss der normalen Fahrsaison stehen als Höhepunkt im Winter die beliebten Nikolausfahrten an, bevor die Zeit bis Ostern Arbeitsschwerpunkt in der Werkstatt sowie an der Strecke ist.
Der Trägerverein der Landeseisenbahn Lippe e.V. ist als gemeinnützig und förderungswürdig anerkannt. Neue Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind jederzeit willkommen und werden fachgerecht angelernt. Auch auf „Nicht-Techniker“ warten interessante Aufgaben. Ausbildungen, z. B. zum Zugführer, Lokheizer und Lokführer, werden selbst durchgeführt.
Fahrzeuge der Landeseisenbahn Lippe
Dampf- und Elektrolokomotiven
93.1410
Wiener Lokomotivfabrik LoFAG, Baujahr 1928,Fabrik-Nr. 4843, Bauart 1’D1’h2t, Höchstgeschwindigkeit 60 km/h, vormals ÖBB, nach Fristablauf abgestellt
Emil Mayrisch N.3
Krupp, Baujahr 1940, Fabrik-Nr. 2145, Bauart Dn2t, Höchstgeschwindigkeit 45 km/h, vormals Eschweiler Bergwerks-Verein, betriebsfähig
Elektroloks 21 und 22
Nordwaggon Bremen / AEG 1927, Bauart Bo’Bo’, Höchstgeschwindigkeit 30 km/h, Eigentum Verkehrsbetriebe Extertal, derzeit abgestellt
Diesellokomotiven
V 2.004
MaK, Baujahr 1954, Fabrik-Nr. 500004, Bauart Ddh, Höchstgeschwindigkeit 80 km/h, vormals AKN und Ilmebahn, betriebsfähig
Köf 6815
Deutz, Baujahr 1965, Fabrik-Nr. 57915, Bauart Bdh, Höchstgeschwindigkeit 45 km/h, vormals 323 335 (Köf 2) der DB, derzeit abgestellt
TVT 701 119-0
Waggonfabrik Uerdingen 1968, Fabrik-Nr. 72832, Bauart Bo’dm, Höchstgeschwindigkeit 90 km/h, vormals DB, betriebsfähig
Museumszug
Speisewagen „1122“
WUMAG/Görlitz 1936, Gattung WR4ü-35, ehemals Eisenbahnfreunde Olpe, vormals DSG, ursprünglich Mitropa
Fährwagen „Köln 16 223“
Westwaggon/Düsseldorf 1929, Gattung C4üw-28, vormals DB
Umbauwagen „Mainz 75 747“
AW Neuaubing 1958, Gattung B4yg-58, vormals DB
Umbauwagen „Münster 98 045“
AW Neuaubing 1958, Gattung BD4yg-58, vormals DB
Umbauwagen „34 039“
AW Hannover-Leinhausen 1959, Gattung AB4yg-58, vormals DB
Packwagen „Frankfurt 105 240“
Gothaer Waggonfabrik AG 1929, Gattung Pwg-28, ehemals Historische Eisenbahn Frankfurt e.V., vormals DB
Weitere Informationen finden Sie unter:
https://www.extertalbahn.de/